Winter Tales

WinterTales01Winter Tales - als ich zum ersten Mal diesen Titel hörte oder las assoziierte ich ihn gleich mit Geschichten und Erzählungen rund um das Thema Winter. Das Spiel wurde 2014 auf der SPIEL in Essen vom Heidelberger Spieleverlag vorgestellt. Ein erster Blick auf das Cover suggerierte gleich ein frostiges Gefühl, zentral ist eine winterlich angehauchte  Ortschaft zu erkennen. Die gerahmten Portraits, die das zentrale Bild umgeben, lösten bei mir zunächst kein Wiedererkennen aus, doch schließlich entdeckte ich das Weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland. Bei den anderen Figuren trat die Erkenntnis, um wen es sich hier handelt, zunächst nicht ein.

WinterTales02Vermochte uns die Vorderseite noch nicht allzu viel über das Spiel zu verraten, so gibt die Rückseite der Verpackung schon einen besseren Eindruck, um was es bei Winter Tales eigentlich geht. Alice war auf dem Weg zu Dorothys Herrenhaus, wo sie hoffte einen sicheren Unterschlupf für sich und die Rebellen zu finden. Eilig huschte sie durch die Straßen der Stadt, als eine hünenhafte Gestalt ihr den Weg versperrte: der Wolf! Ohne zu zögern, griff Alice nach einer weggeworfenen Bratpfanne und versetzte dem Untier einen heftigen Hieb gegen die Schnauze. Ob die Rebellen jemals in Winterstadt sicher sein würden? Die Einleitung gibt bereits die ersten Erkenntnisse preis, der verschneite Ort vom Cover könnte Winterstadt sein und tatsächlich hat auch Alice eine Rolle in dem Spiel. Mit dem Wolf und Dorothy haben wir gleich die nächsten märchenhaften Figuren. Winter Tales wird des Weiteren als erzählorientiertes Brettspiel tituliert, eine Mischung die sehr interessant klingt. Äußerst präsent auf der Rückseite ist auch die Abbildung des Spielmaterials, oder vielmehr der Blick aufs Spielfeld. Spielkarten, Pappaufsteller und ein winterlicher Spielplan sind die wesentlichen Elemente des Spiels.  Neben einer Auflistung des Spielmaterials dürfen auch die technische Daten (3-7 Spieler, ab 14 Jahre, ca. 90 Minuten) des Spiels nicht fehlen.

Material und Spielregel
WinterTales30Das Spielmaterial zu Winter Tales besteht aus 1 Spielregel, 1 Einführung, 1 Spielbrett, 7 großformatigen Übersichtsbögen sowie diversen Markern und Spielkarten. Die Marker aus stabilem Karton unterteilen sich in 7 Rebellen-Charaktermarker, 7 Soldaten-Charaktermarker, 7 Fraktionsmarker, 8 Questmarker, 1 Aktiver-Spieler-Marker, 1 Schiedsrichter-Marker, 1 Aktive-Quest-Marker, 1 Lesezeichen-Marker, 1 Epilogmarker und 6 Machtmarker. Die 14 Charakterkarten sind von einem größerem Format während die 93 Erzählkarten, 3 neutralen Karten, sowie die 14 Missionskarten ein kleines Format aufweisen. Komplettiert wird das Spielmaterial durch 14 Standfüße für die Charaktermarker.

Die vierseitige Einführung zu Winter Tales ist im Grunde ein einziges umfangreiches Spielbeispiel, welches eine mögliche Spielweise vorstellt. Die Spielregel zu Winter Tales umfasst 24 Seiten, ausführlich werden hier unter den Gliederungspunkten Spielziel, Spielmaterial, Spielaufbau und Spielablauf die Mechanismen des Spiels erklärt. Unter den Punkten Tipps fürs Geschichtenerzählen und Erweiterte Regeln bekommt man nicht nur wichtige Hinweise fürs Spiel geboten, sondern auch Vorschläge zu Varianten aufgezeigt. Die Spielregel ist gut strukturiert und bietet noch ein 2 Seiten umfassendes Spielbeispiel. 

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Spielziel
Grundtenor bei Winter Tales soll es sein gemeinsam eine interessante und spannende Geschichte zu erzählen und zu erleben. Letztendlich gibt es aber auch bei Winter Tales zum Spielende Punkte, die Fraktion mit den meisten Punkten gewinnt die aktuelle Partie. Punkte gibt es für Erinnerungen (Geschichten) die für die eigene Fraktion entschieden wurden und für ausgespielte Erzählkarten während des Epilogs.

Spielvorbereitung
Die Spielvorbereitungen zu Winter Tales sind unkompliziert. Wird mit einer geraden Anzahl an Spielern gespielt, so werden die Spieler gleichmäßig auf die Winter- und die Frühlingsfraktion verteilt. Bei einer ungeraden Anzahl an Spielern muss ein Spieler die Rolle des Erzählers übernehmen. Weiterhin ist von der Spieleranzahl abhängig wie viele Spielfiguren jeder Spieler kontrolliert. Jeder Spieler bekommt einen Übersichtsbogen und die Charakterkarte seiner Spielfiguren. Die ersten Questen für beide Fraktionen werden ebenso wie die Spielfiguren auf dem Spielfeld platziert. Mit Hilfe der Erinnerungsleiste wird festgelegt wie lange das Spiel dauern soll, bzw. über wie viele Erinnerungen die Geschichte gehen soll. Nachdem ein Spieler die Ausgangssituation erzählt hat, erhält jeder Spieler seine ersten Karten vom bereitliegenden Stapel der Erzählkarten. Der Startspieler knüpft nun an die Ausgangssituation an und beginnt die Geschichte. 

Spielablauf
Winter Tales wird über mehrere Runden, hier Kapitel genannt, gespielt. Ein Kapitel endet jeweils, wenn es keine spielbereiten Spielfiguren mehr gibt, oder der Epilog eingeläutet wird. Während eines Spielzuges kann man sich mit seinen Figuren über das Spielfeld bewegen und neue Questen erschaffen, bzw. ausliegende Questen versuchen abzuschließen. Bei allen Aktionen kommen die Erzählkarten zum Einsatz. Die Erzählkarten haben eine Winter- und eine Frühlingsseite, das jeweils abgebildete Motiv auf der Karte ist auf jeder Seite identisch. Die Motive auf den Erzählkarten müssen passend zu Geschichte interpretiert und in die Erzählung eingeflochten werden. Die Motive sind teilweise sehr abstrakt und lassen viele unterschiedliche Interpretationen zu. Während sich die Spieler mit ihren Figuren über den Spielplan bewegen, haben die Spieler der gegnerischen Fraktion die Möglichkeit die Bewegung gemäß der Regeln zu unterbrechen, auch hier entscheidet der Einsatz und die Nutzung der Erzählkarten über Erfolg oder Niederlage der Aktion. Versucht ein Spieler eine Quest abzuschließen, so haben alle anderen Spieler mit spielbereiten Figuren ebenfalls die Möglichkeit zu intervenieren oder helfend einzugreifen. Die Seite, die eine Quest für sich entscheiden kann, markiert dies auf der Erinnerungsleiste. 

Wurde auf der Erinnerungsleiste das letzte freie Feld vor dem Epilogmarker gelegt, so wird das Ende der Geschichte eingeläutet. Alle Spieler haben nun noch die Möglichkeit während des Epilogs weitere Erzählkarten auszuspielen, dabei muss die laufenden Geschichte fortgeführt werden. Nach Abschluss der Epilogrunde wird die Siegerfraktion anhand der Anzahl der ausgespielten Erzählkarten während des Epilogs und der gewonnen Erinnerung bestimmt. Nun kann die Geschichte zu ihrem passenden Ende geführt werden.

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Fazit
Das Spielmaterial zu Winter Tales ist schön gestaltet und vermittelt eine düstere Grundstimmung, welche ja auch durch die Ausgangssituation des Spiels zum Ausdruck kommt. Irgendwie fühle ich mich immer an Tim Burtons Corpse Bride und Nightmare Before Christmas erinnert, wenn ich mir die Illustrationen der Spielfiguren und den Spielplan anschaue. Die Qualität der Spielkarten ist sehr gut, alle Karten fühlen sich leicht angeraut an, was sie recht griffig macht. Ein kleinen Dämpfer beim Spielmaterial gab es bei den Charaktermarken, diese leiden doch sehr, wenn man sie immer wieder in die Kunststoffhalter schiebt; bereits nach der ersten Partie waren sie schon etwas vermackt.

Die 93 Erzählkarten, gemalt von 6 und 9-jährigen Kindern, sind beidseitig mit dem identischen Symbol, bzw. einer Zeichnung bedruckt. Unterscheiden tun sich die Seiten lediglich in der Hintergrundfarbe, ein warmer gelb-oranger Hintergrund für den Frühling und ein kalter bläulicher Hintergrund für den Winter. Die einzelnen Zeichnungen schwanken zwischen abstrakt und klar erkennbar, jede Karte bietet zahllose Interpretationsmöglichkeiten und genau hier lag eines der Probleme, die wir während der Spielrunden festgestellt haben. Einigen Spielern fiel zu den Zeichnungen nichts passendes für die Geschichte ein und wenn man sich dann an diese Karten klammert und sich von diesen eine Hilfestellung erwartet, dann gerät die Geschichte ins Stocken.      

Was schreibt man weiterhin als Fazit zu so einem Spiel wie Winter Tales? Fakt ist, dass das Spiel für viel Diskussionsstoff in unseren Spielrunden gesorgt hat, nicht unbedingt während der Spiele, sondern viel mehr im Nachhinein. Da wurde über die Regelmechanik ebenso diskutiert wie über den Begriff oder die Definition von Märchen. Das düstere Setting und die Fixierung auf nur dieses eine Setting sagte auch nicht allen Spielern zu. Ein offenerer Ansatz, vielleicht mit mehreren unterschiedlichen Ausgangssituationen hätte hier für die nötige Abwechslung gesorgt. Auch die strikte Zuordnung der Charaktere zu den beiden Fraktionen empfanden wir eher als hinderlich.

Was uns auch merkwürdig vorkam, war die Tatsache, dass in einem Standardspiel jeder Charakter nur einmal am Zuge war, danach wurde der Epilogmarker bereits erreicht und das Spielende eingeläutet. Man hatte gar nicht die Möglichkeit ein weiteres Mal mit seinen Charakteren zu agieren. Weiterhin gefiel es uns nicht, dass letztendlich alles doch wieder auf das Erreichen möglichst vieler Siegpunkte hinausläuft. Wer hier auf Zack ist und die Karten der anderen Spieler im Auge behält, der kann für seine Fraktion gut den Zeitpunkt abpassen, wann es sinnvoll ist eine Quest abzuschließen, oder den Epilog einzuläuten.  

In eine ähnliche Richtung wie Winter Tales geht das Spiel Es war einmal..., auch wenn ich Es war einmal... schöner finde, so hat auch Winter Tales seinen ganz besonderen Reiz, leider hinterlässt es den leichten Nachgeschmack eines nicht ganz zu Ende gedachten Spiels. Mit ein paar Hausregeln kann aus Winter Tales aber ein sehr stimmungsvolles erzählorientiertes Brettspiel werden. Abschließend möchte ich noch einen unserer Mitspieler zitieren: "Nichts desto trotz gefällt mir die Grundidee. Es bedarf halt einiger Verbesserungen."

 

 

Ich danke dem Heidelberger Spieleverlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares

Spiel: Winter Tales
Autor: Jocularis, Matteo Santus
Grafik: Jocularis, Hide Art
Verlag: Heidelberger Spieleverlag
Anzahl: 3 - 7 Spieler
Alter: ab 14 Jahre
Dauer: ca. 90 Minuten
Jahr: 2014
Preis: 39,95 Euro (UVP Heidelberger, Stand 14.09.2015)

 

 

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